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In der heutigen Ausgabe des Mitteilungsblattes stellt der DIF sein Gründungsmitglied Abdulkadir Baz vor, auch bekannt als Firat, 66 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, Vorstand der „Baz Dreamcars“ und der „Baz International Logistics“.

Vor genau 55 Jahren zog Firat Baz als kleiner Junge mit seinen Eltern und zwei Brüdern als erste türkische Familie hierher. Und er lebt bis zum heutigen Tage noch sehr gerne im schönen Waghäusel, wie er sagt.

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Zuvor wohnte die gesamte Familie nach ihrer Ankunft aus Istanbul im Jahre 1963 zuerst in Maximiliansau, kurze Zeit später führte der Weg für kurze Zeit nach Philippsburg (1964).

1965 hier in Waghäusel angekommen, erblickte 2 Jahre später seine kleine Schwester „Nilüfer“ in einer Hausgeburt in der Speyerer Straße in Wiesental das Licht der Welt (1967).
Mit zehn Jahren besuchte Firat  die Bolandenschule, betätigte sich als Ringer beim KSV Wiesental und kickte beim TuS Wiesental.
Nach dem Schulbesuch absolvierte er beim damaligen OPEL-Autohaus Rupp in Hambrücken seine Lehre als Kfz-Mechaniker. Diese Leidenschaft zu Autos hat ihn nie verlassen.

Eine weitere und ganz besondere Leidenschaft war und ist die Musik. Mit kleinen Nebenjobs kaufte er sich seine erste E-Gitarre und brachte sich autodidaktisch das Meiste selber bei (Keyboard, Gitarre und Gesang), bis er Jahre später eine professionelle Musikschule in Bruchsal für drei Jahre besuchen konnte.
Ende der 60er Jahre bestand in Deutschland ein großer Bedarf an türkischen Musikern für diverse Veranstaltungen innerhalb der türkischen Gemeinschaft. Es gab viele türkische Feierlichkeiten, türkische Hochzeiten und türkische Partys, jedoch oft keine türkische Band und keine türkische Livemusik.

Dies erkannte Firat Baz sehr schnell und gründete 1968 mit vier weiteren türkischen Freunden, die erste türkische Band namens „Marmara 5“, die bis heute noch bei der ersten türkischen Gastarbeiter-Generation bekannt ist und sehr geschätzt wird.

Während dieser Zeit als junger und charmanter Musiker lernte er auch seine große Liebe Emel kennen, die selbst 1973 als Gastarbeiterin nach Bruchsal zu Siemens gekommen war. Ein Jahr später gaben sich die beiden vor dem Standesamt das Ja-Wort.
Bereits 1983 wollte er sich in die Selbstständigkeit wagen, aber die damalige deutsche Rechtsprechung erlaubte es ihm als türkischen Staatsbürger nicht, sich selbstständig zu machen. Wenig später änderte sich die Rechtslage, und mit mehr Erfahrung, mit mehr finanziellen Rücklagen, den erforderlichen Sach- und Fachkundeprüfungen bei der IHK und ganz viel Mut im Gepäck verwirklichte Firat Baz 1986 sein Vorhaben.

1986 gründete er das Internationale Transportunternehmen „BAZ Spedition“ und im Jahre 2008 die „BAZ Dreamcars“, wo er bis heute klassische Automobile restauriert und verkauft.
Die türkischstämmigen Unternehmer im Land sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sie beherrschen oft mehrere Sprachen und sind in zwei Kulturen zuhause. Wer dies von vornherein mitbringt, bewegt sich auch gewandt in der internationalen Geschäftswelt.

Die Jugendzeit war für Firat Baz keine schwere Zeit. Als kleiner Junge war er sehr aufgeschlossen, wissenshungrig, im gesellschaftlichen und sozialen Leben sehr engagiert, lernte innerhalb kürzester Zeit die Sprache. „Ohne die Sprache zu beherrschen, kann man nicht weiterkommen“, lautet seine Erkenntnis.
Mit Vorurteilen oder rassistischen Äußerungen und Erlebnissen hat Firat Baz bis zum heutigen Tag keine Erfahrungen. Er und seine Geschwister wurden seinerzeit freundlich und willkommen empfangen und behandelt – und das trotz anfänglicher Sprachbarrieren und der Bürde, die ersten türkischen Kinder in der Gemeinde zu sein. Dies hat sich bis zum heutigen Tage nicht geändert.

Leider hat sich aber die Stimmung in Deutschland verändert. Spätestens nach Sarrazin & Co. war es an der Zeit, ein Zeichen zu setzen und den Mitbürgern aufzuzeigen, dass es viel mehr gute Beispiele von Migranten in Deutschland gibt als schlechte.
Deshalb war er sofort Feuer und Flamme, als seine Tochter Ebru Baz im Jahre 2009 den Integrationsverein DIF gründete, in dem sie mit Gleichgesinnten aufzeigen wollte, dass es auch Mitbürger mit Migrationshintergrund gibt, die sich nicht gesondert integrieren und assimilieren mussten – denn sie waren schon immer so. So auch Firat Baz, der diese Einstellung und Erziehung an seine beiden Kinder Baris & Ebru weitergegeben hat.

Das Leben von Firat Baz ist eine kleine Erfolgsgeschichte und ein Paradebeispiel dafür, wie Migranten das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland positiv mitgestalten, mitunter verändern und bereichern können.

Auf eines aber ist Firat Baz nach 57 Jahren in Deutschland besonders stolz: sich „Kerrlocher“ nennen zu dürfen.

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