Aufmarsch der Rechten entlang des Saalbachs/Zwei mögliche Eskalationen ver-hindert

Philippsburg (ber). 200 „Patrioten“ sollten es werden, die aufstehen und sich am Aufzug „Steh auf für Deutschland“ durch Philippsburg be-teiligen, so die offiziell geäußerte Erwartung des Veranstalters. Kurz vor dem Start ließen die abmarschbe-reiten sechs Schwarzgekleidete wis-sen, sie warten noch auf die „rest-lichen 70“ im nächsten ankommenden Zug. Schließlich begleitete ein Großaufgebot der Polizei mit 30 Mann und mehreren Blaulichtfahrzeugen ge-rade mal neun Hooligans durch das Saalbach-Sträßchen. Nach etwa einem Kilometer löste sich die Protestpa-rade auf. Das Gelände am Bahnhof hielten zwischenzeitlich die 250 Gegendemonstranten (so die Zahlenanga-be der Polizei) besetzt.

Innerhalb von zwei Tagen – dies we-gen der äußerst kurzfristigen Demo-Anmeldung – war es mehreren Gruppen gelungen, eine, wie es hieß, „ge-meinsame Gegenwehr“ auf die Beine zu stellen. Dazu gehörten alle örtli-chen Parteien und Wählervereinigun-gen, Mitglieder des Vereine „Dialog, Integration und Freundschaft“ und „Waghäusel hilft“, solidarische SPD-Stadträtinnen aus der Stadt Waghäu-sel und ein Aufgebot um den Grünen Jörg Rupp aus Malsch („gegen rechte Hetzer“). Leicht alkoholisiert be-schimpften die schwarzen Kapuzenmän-ner in sicherer Entfernung immer wieder die Gegendemonstranten (so mit „linkes Pack“).
Zweimal drohte eine Eskalation. Als ein Anwohner bei aufmunternden Pat-rioten-Parolen wohl absichtlich sei-nen ohrenbetäubenden Großrasenmäher einschaltete, stürmten zwei Hoolig-ans seinen Trockenrasen. Und beim Abmarsch der Neun durchbrachen zwei angereiste Ultralinke eine Absper-rung und rückten den Ultrarechten auf die Pelle. Nur wenige Meter und Sekunden trennten die Hitzeblitze von handfesten Handgreiflichkeiten. Doch die äußerst besonnene Polizei hatte alles im Griff.

„Mit dem brauen Spuk wollen wir nichts zu tun haben“, ließen die Philippsburger mitsamt ihren Nach-barn wissen. Die langjährige Bürger-meisterstellvertreterin Thea Geiger-Heiler trug tapfer ein großes Schild „No Rassismus“ voraus, neben ihr hielt Stadtrat Peter Steinel ein Plakat „Schwarz, Rot, Gold – aber niemals Braun“. Ortsvorsteherin Jas-mine Kirschner, Jochen Pöschel (SPD) oder Heike Neumann (CDU), Gaby Ver-hoeven-Jacobsen (ULi) oder Thomas Biesenberger (FW) bekundeten über-einstimmend: „Wir müssen handeln. Wir müssen auf die Straße. Wir dul-den keine Fremdenfeindlichkeit.“ In der vordersten Reihe zeigten die Vorsitzenden Ebru Baz-Karasu (Integ-rationsverein) und Saskia Heiler (Waghäuseler Flüchtlingshilfe) Flag-ge. Zu sehen waren unter der großen Schar auch bunte (Multikulti-)Fahnen und -Sonnenschirme.

Als Organisator outete sich der in der Region bekannte Rechtsausleger Mathias Bückle, der schon bei „Pegi-da“ und „Beserker“ mitmischte. In einem Megaphon-Appell an seine acht „deutschen Patrioten“ forderte der 24-Jährige vor der Kulisse des Phi-lippsburger Bahnhofs: Der internati-onale Asylwahn, die Islamisierung Europas und die Mitgliedschaft in der EU müssten ein Ende haben. Es gelte jetzt, Deutschland zu retten.

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