Von Wener Schmidhuber und Daniel Streib

Waghäusel-Wiesental. Mehr als 300 Menschen haben am Samstag in Wiesental ein öffentliches Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz gesetzt. Zu der Kundgebung „Kein Platz für Rassismus“ hatten der Waghäuseler Integrationsverein und die „Initiative Waghäusel hilft“ aufgerufen, nachdem die Gruppe „Steh auf für Deutschland“ eine Demo angemeldet hatte. Die rechtsradikale Gruppierung war wie zwei Wochen zuvor in Bruchsal (die BNN berichteten) deutlich in der Minderheit. Das erklärte Ziel, mehr Menschen zu mobilisieren als zuvor in Bruchsal, wurde verfehlt, im Mittelzentrum waren 900 Bürgerliche gegen 41 Rechtsaußen vertreten.

Nur noch 20 Aktivisten machten sich auf ihre etwa einen Kilometer lange Demonstrationsstrecke. Insgesamt zählte die Polizei immerhin rund 30 Rechtsdemonstranten in Wiesental. Sie beschimpften immer wieder lautstark Bundeskanzlerin Angela Merkel im Besonderen und „Gutmenschen“ im Allgemeinen, Hauptredner Mathias Bückle bezeichnete überdies Flüchtlinge pauschal als „Pack“, was die Polizei einem Sprecher zufolge zum Anlass nimmt, eine Anzeige wegen Volksverhetzung zu prüfen. Wie berichtet laufen ähnliche Verfahren gegen Bückle bereits.

Auch die „Antifa“ war mit rund 30 Aktivisten nach Wiesental angereist. Hauptsächlich wegen der fast traditionellen Handgreiflichkeiten zwischen Rechtsdemonstranten und der „Antifa“, war die Polizei deshalb mit einem großen Aufgebot von mehreren hundert Einsatzkräften vor Ort und machte so deutlich, dass in einer Demokratie das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Das professionelle und umsichtige Agieren der Polizei erstickte offenbar jegliche Krawallabsicht im Keim. Die teilweise recht jugendlich wirkenden „Antifa“-Aktivisten entpuppten sich zumindest am Samstag als harmlos – und wurden gar bald von fröhlichen Bürgern, darunter Familien mit Kindern, aus der ersten Reihe an der Absperrung zu den Rechten „verdrängt“.

Bei der Kundgebung mit rund 300 Demonstranten aus der „bürgerlichen Mitte“ (ein Polizeisprecher) herrschte auffällige Harmonie. Mit pfiffigen Plakaten und Transparenten („Bunt ist besser“) wurde gegen braunes Gedankengut Stellung bezogen. Waghäuseler Gemeinderatsmitglieder aller Fraktionen waren stark vertreten, auch aus dem Umland kamen Stadt- und Gemeinderäte. Es reihten sich zudem ein die IG Metall, Vertreter kirchlicher Organisationen, des Sozialverbandes VdK und weiterer Institutionen. Ebenfalls gesichtet wurden etliche Mitglieder der CDU Waghäusel, deren Führung eine Beteiligung öffentlich abgelehnt hatte. (Die BNN berichteten.)

Es gehe darum, Demokratie und Rechtsstaat zu verteidigen und dem Extremismus und Hass gegen Flüchtlinge einen Riegel vorzuschieben, betonte ein emotionaler Oberbürgermeister und Schirmherr Walter Heiler. „Wir sind und bleiben eine weltoffene, freundliche und liebenswerte Stadt. Hier in Waghäusel lebten schon lange vor der aktuellen Flüchtlingssituation viele Menschen aus über 80 Nationen friedlich und einvernehmlich miteinander. Alle, die einst als Fremde zu uns gekommen sind, haben hier bei uns eine Heimat gefunden – und auch zu unserem Wohlstand beigetragen“, machte das Stadtoberhaupt deutlich. Seine Botschaft an die „Bückles“: In Waghäusel gebe es keinen Platz für radikales Verführertum, für Hasstiraden oder gar Gewalt.

Ähnlich sah es Ebru Baz-Karasu vom Integrationverein, die die Gegendemo angemeldet hatte. Die Aufmarschtruppe „Steh auf“ mit ihren ideologischen Freunden schüre Ängste und nutze diese Ängste für ihre „dumpf-braune Propaganda“. Saskia Heiler von „Waghäusel hilft“ sagte: Dem „Steh auf“ der Braunen müsse mit einem „Aufstand der Anständigen“ begegnet werden.

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